Die Einfamilienhausdebatte
Wie lassen sich verschiedene Perspektiven zu einem vielschichtigen Thema auf den Tisch bringen, ohne Ausstellungsbesucher durch trockene Textwüsten zu langweilen oder zu überfrachten? Zum Beispiel, indem sie an einem interaktiven Debattiertisch selbst zu Darstellern von kurzweiligen Dialogen zum Thema werden. So finden die Besucher der Ausstellung 4 Wände im Niedersächsischen Freilichtmuseum Museumsdorf Cloppenburg zur Frage „Ja oder Nein zum Einfamilienhaus – eine endlose Debatte?” keine Texttafeln oder Audiofiles mit kuratierten Antworten, sondern einen Vorrat beliebig kombinierbarer Argumente und Reaktionen. Ihr spontanes und immer wieder neues Zusammenspiel vergegenwärtigt die Vielschichtigkeit und die Ambivalenz des Themas.
Spielkonzept
Ein interaktiver Debattiertisch
Die Besucher schlüpfen in die Rolle eines Paares, das sich uneinig darüber ist, ob es in ein Einfamilienhaus ziehen soll oder nicht. Sie streiten u.a. zu Themen wie Finanzierung, Probleme während der Bauphase, den Standortfaktor Lage, die Vereinbarkeit mit unterschiedlichen Zukunftsplänen, Vorstellungen von guter Nachbarschaft, die Angst vor Klischees und die Lust am Bauen und Einrichten als Form der Selbstverwirklichung.
Der interaktive Debattiertisch funktioniert ganz ohne Vorwissen – er ist Interface zu insgesamt 300 Argumenten und 150 Reaktionen. Sie lassen sich assoziativ oder mit rhetorischem Kalkül zu plausiblen Gesprächsverläufen kombinieren. Das Ergebnis ist auch bei wiederholtem Spiel stets überraschend, denn rein rechnerisch sind bei 15 Spielzügen pro Partei 10 hoch 28 Varianten möglich.
Ein Formalisierungsansatz, der an der UdK Berlin von Prof. Klaus Gasteier und Daniela Kuka entwickelt wurde, sorgt dafür, dass alle Varianten klingen, als würde man tatsächlich einem Paar (oder sich selbst) beim Streiten zuhören.
Was nehmen die Besucher*innen mit:
Mit Spaß lernen Besucher*innen die Vielschichtigkeit der an das Konzept Einfamilienhaus verknüpften Vorstellungen und Erwartungen kennen. Sie können ihren eigenen Standpunkt verlassen und die Seite wechseln. Dabei entdecken sie Vertrautes, aber auch neue Argumente. Im spielerischen Rahmen machen sie die Erfahrung, dass es in Debatten nicht immer fair und logisch zugeht.
Einsatzgebiet
Themen-Ausstellung
Ausgewählte Tischdetails
Themenhäuser
Auf den Seiten Dafür und Dagegen befinden sich je 11 Themenhäuser mit insgesamt 300 Argument-Karten. Die Reizthemen und Inhalte wurden aus realen Aussagen von Journalisten, Maklern, Politikern, Stadt-, Dorf- und Zukunftsforschern, Philosophen, Finanzexperten, Eigenheimbewohnern und -verweigerern gewonnen und für das Spiel aufbereitet.
Reaktionskarten
Die Argumente des Gegners können durch verständnisvolle, sachliche, angriffslustige, ausweichende oder beleidigende Reaktionen gekontert werden. Dabei lassen sich eigene Gewichtungen ins Spiel bringen, die wechselseitigen Fähigkeiten zum Perspektivenwechsel auf die Probe stellen und das rhetorische Geschick in Streitsituationen trainieren.
Entscheidungsrad
Das Entscheidungsrad bestimmt, ob sich die Parteien jemals einigen können oder die Debatte endlos weiter läuft. Wichtig war uns dabei, ein Gleichgewicht auf beiden Seiten herzustellen: Jede Seite hat die gleiche Anzahl an Argumenten und Reaktionen. Der Debattiertisch ist unparteiisch, ein neutrales Informationstool für die reflektierte Meinungsbildung.